Das EU-Vermögensregister - Dr Thomas Schulte & Dr. Peter Riedi

Das “EU-Vermögensregister“: Ein Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung oder der Beginn eines gläsernen Bürgers?

Von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin, und Dr. Peter Riedi, Unternehmer und Finanzexperte, Fürstentum Liechtenstein/Schweiz

Die Europäische Union treibt seit 2021 die Pläne für ein EU-Vermögensregister voran. Offiziell soll es der Kriminalitätsbekämpfung dienen, insbesondere gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Doch die Konsequenzen dieses Registers sind weitreichender, als es auf den ersten Blick scheint. Die Europäische Union ist ein Staatenverbund in Europa mit 450 Millionen Einwohnern. Mit Ausnahme von der Schweiz, Liechtenstein und Großbritannien gehören alle europäischen Staaten dazu. 

Lastenausgleich – Erfassung über Vermögensregister?

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) belief sich die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland zuletzt auf 2,28 Billionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 27.477 Euro entspricht. Diese hohe Verschuldung, die im Vergleich zu 2020 um 5,1 Prozent gestiegen ist, wirft die Frage nach möglichen Lösungsansätzen auf. In diesem Kontext werden immer wieder Konzepte wie die Vermögensabgabe und der Lastenausgleich diskutiert. Politisch ist die Idee in Deutschland umstritten. Die aktuelle Bundesregierung scheint dagegen zu sein, so jedenfalls eine Bundestagsdrucksache vom 14.03.2022.

Die Idee eines Lastenausgleichs wird vor allem in Zeiten hoher Staatsverschuldung oder nach großen Krisen wiederbelebt. Historisch betrachtet diente der Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg dazu, die durch Kriegsschäden und Vertreibung entstandenen Lasten gerechter zu verteilen. Das Lastenausgleichsgesetz von 1952 regelte die Abgaben von Vermögensbesitzern zugunsten von Kriegsgeschädigten und trug maßgeblich zum Wiederaufbau Deutschlands bei. Es löste eine jahrzehntelange Umverteilung aus, und die Bearbeitung und Bescheidung der letzten Anträge sind erst in jüngster Vergangenheit abgeschlossen worden. 

Die Bundesregierung äußert sich zum Thema Lastenausgleich  zurückhaltend. Sie betont, dass der Koalitionsvertrag weder eine Vereinbarung zur Einführung einer Vermögensabgabe noch zur Wiederbelebung der Vermögensteuer noch zur Einführung eines Lastenausgleichs enthält. Die Regierung argumentiert, dass der historische Lastenausgleich aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituationen nicht als Vorbild für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen dienen kann.

In Bezug auf das EU-Vermögensregister zeigt sich die Bundesregierung kritisch. Sie verweist auf offene Fragen hinsichtlich der Machbarkeit und des Datenschutzes. Obwohl das Register primär zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen soll, wird befürchtet, dass die gesammelten Daten auch für andere Zwecke, wie die Berechnung von Lastenausgleichsabgaben, genutzt werden könnten. Klar ist jedenfalls, dass für einen Lastenausgleich die Datenerfassung von zentraler Bedeutung ist. Wer sich rüstet, der macht sich verdächtig, kann man sagen. Bekanntlich wurde Jesus Christus vor 2.000 Jahren auf einer Reise geboren, die durch die römische Bürokratie veranlasst wurde. Vater Josef wurde staatlicherseits gezwungen, sich in seiner Heimatstadt in die Steuerliste, weil ein Kaiser Augustus aus dem fernen Rom es wünschte, einzutragen. Staaten und Religionen sind zu Staub verfallen, die Idee der Steuer lebt bis heute. Daten sind die Grundlage von Steuererhebungen. 

Das EU-Vermögensregister – worum geht es?

Es gibt derzeit kein offizielles EU-Dokument, das ein zentrales „EU-Vermögensregister“ so beschreibt, wie es in vielen Sekundär-Medien dargestellt wird. Die Idee eines solchen Registers scheint jedoch Teil umfassenderer Bemühungen der EU zu sein, Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verschärfen. 

Im Rahmen dieser Bemühungen stellte die Europäische Kommission am 20. Juli 2021 ein Anti-Geldwäsche-Paket vor. Die wichtigsten Punkte dieses Pakets beinhalten die Einrichtung einer neuen EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Einführung eines einheitlichen Regelwerks und die Ausweitung der Vorschriften auf den Kryptosektor. Ferner wird eine EU-weite Obergrenze für Barzahlungen von 10.000 EUR vorgeschlagen. Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Vernetzung der zentralen Bankkontenregister (CBAR) der EU-Mitgliedstaaten, um die Zusammenarbeit zwischen den Finanzermittlungsbehörden zu verbessern. Diese Maßnahme soll die Transparenz bei der Verfolgung illegaler Finanzaktivitäten weiter erhöhen. Am 18. Januar 2024 wurde eine vorläufige Einigung zwischen dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament erzielt, die die Stärkung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, die Erhöhung der Transparenz beim wirtschaftlichen Eigentum sowie strengere Vorschriften für Krypto-Asset-Dienstleister umfasst. Zudem wurde die bereits erwähnte Obergrenze für Barzahlungen von 10.000 EUR bestätigt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die EU sich derzeit auf die Vernetzung bestehender Register und die Verbesserung der Transparenz im Finanzsektor konzentriert. Ein zentrales EU-Vermögensregister, wie es oft in den Medien beschrieben wird, ist in dieser Form jedoch nicht in offiziellen Dokumenten festgelegt. Die bestehenden und geplanten Maßnahmen zielen vielmehr auf eine verstärkte Kooperation und Vereinheitlichung der Geldwäschebekämpfung in der gesamten EU ab.

Viele Regelungen und neue Behörden schaffen ein sogenanntes EU-Vermögensregister?

Im Kern geht es um die Schaffung einer zentralen Datenbank, in der Vermögenswerte von EU-Bürgern erfasst werden sollen. Wie genau, ist unklar. Dies betrifft nicht nur liquide Mittel auf Bankkonten, sondern auch Immobilien, Unternehmensanteile, Kryptowährungen, Kunstwerke und andere Vermögensgegenstände. Befürworter des Registers argumentieren, dass es ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen Finanzkriminalität sei und für mehr Transparenz im Finanzsystem sorgt. Sie betonen, dass insbesondere die Bekämpfung von Geldwäsche und die Verhinderung von Steuerhinterziehung durch das Register effektiver gestaltet werden könnten. Kritiker hingegen warnen vor einem massiven Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Sie befürchten die Entstehung eines „gläsernen Bürgers“, dessen finanzielle Situation für Behörden vollständig einsehbar wäre. Datenschützer äußern Zweifel an der Vereinbarkeit des Registers mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Besonders umstritten ist die Frage nach dem Missbrauchspotenzial der gesammelten Daten. Kritiker befürchten, dass die Informationen für andere Zwecke genutzt werden könnten als ursprünglich vorgesehen. Auch die technische und rechtliche Umsetzung eines solchen Registers stellt eine Herausforderung dar. Die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und die Sicherstellung eines einheitlichen Datenschutzniveaus sind komplexe Aufgaben.

Die Rolle der AMLA und der FIUs

Mit der neuen Anti-Money Laundering Authority (AMLA) und den nationalen Financial Intelligence Units (FIUs) rüstet sich die EU mit mächtigen Werkzeugen zur Überwachung auf. Ab Mitte 2025 wird die AMLA aktiv sein und umfassende Befugnisse besitzen, von Kontensperrungen bis hin zur Anforderung von Dokumenten. Die AMLA soll den Kampf gegen Geldwäsche auf EU-Ebene koordinieren und die Zusammenarbeit der nationalen Behörden stärken. Kritiker befürchten jedoch, dass die AMLA zu einem übermächtigen Instrument der Finanzüberwachung werden könnte.

Auswirkungen auf Vermögensinhaber

Für Vermögensinhaber bedeutet die Einführung des sogenannten EU-Vermögensregisters eine erhebliche Einschränkung der Privatsphäre. Sie sind verpflichtet, detaillierte Informationen über ihr Vermögen offenzulegen, was Sorgen hinsichtlich des Schutzes sensibler Daten hervorruft. Zudem besteht die Befürchtung, dass die EU in Zukunft die Schwelle von 200.000 Euro noch weiter absenken könnte. Dies würde eine noch größere Anzahl von Bürgern betreffen und zu einer noch umfassenderen Offenlegung privater Finanzinformationen führen.

Mögliche Konsequenzen und Handlungsoptionen

Das EU-Vermögensregister könnte mehr als nur ein Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung sein; es öffnet die Tür zu einer möglicherweise beispiellosen staatlichen Überwachung. Die Vernetzung des Registers mit anderen Datenbanken, wie beispielsweise dem Melderegister oder dem Kraftfahrzeugregister, ermöglicht den Behörden einen umfassenden Einblick in das Leben der Bürger. Für Vermögensinhaber stellt sich daher die Frage, wie sie am besten mit den neuen Anforderungen umgehen und gleichzeitig ihre finanzielle Integrität und Privatsphäre schützen können. Die Anpassung an diese neuen Vorschriften erfordert eine sorgfältige Planung und möglicherweise auch eine Umstrukturierung der Vermögenswerte, um Compliance sicherzustellen und gleichzeitig die persönlichen und finanziellen Risiken zu minimieren.

Fazit – Unklarheit sorgt für Frust

Das sogenannte EU-Vermögensregister ist ein komplexes und kontroverses Thema mit weitreichenden Folgen für die Bürger der Europäischen Union. Die Bürger der EU erwarten in einer Demokratie Transparenz und Mitbestimmung, besonders bei weitreichenden Entscheidungen wie dem geplanten Vermögensregister. Doch das intransparente Vorgehen der EU-Kommission – von widersprüchlichen Aussagen bis zur fehlenden öffentlichen Debatte – erinnert mehr an die Entscheidungen eines römischen Kaisers als an demokratische Prozesse. Beispiele wie die komplexe Datenschutzgrundverordnung 2018 oder die unklare Finanzierung der EU haben bereits gezeigt, wie undurchsichtige Entscheidungen das Vertrauen der Menschen schwächen. Auch hier droht ein ähnliches Vertrauensdefizit, wenn die Bürger nicht ausreichend informiert und einbezogen werden. Selbst für Experten wird es langsam schwer, nicht einem Fluchtinstinkt zu folgen. 

Autor: Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt

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